Während unserer gemeinsamen persönlichen Zeit der Anbetung kam es mehr als einmal vor, dass Ruth die Engel singen hörte. Angesichts dieser Tatsache wurden wir uns bewusst, welch ein Privileg es war, einen winzigen Teil der gesamten Anbetung des Universums miterleben zu dürfen, in die sowohl der Himmel als auch die Erde einbezogen war. Von anderen Christen habe ich ähnliche Zeugnisse gehört.
In Hebräer 1,14 heißt es, dass die Engel Gottes „alles dienstbare Geister [sind], ausgesandt zum Dienst um derer willen, die das Heil erben sollen“ (SLT).
Ursprünglich bezieht sich diese im Deutschen als „dienstbare Geister“ wiedergegebene griechische Bezeichnung speziell auf geistliche Wesen, die die priesterliche Funktion der Anbetung ausüben. In der Gemeinde des Neuen Testaments waren also Himmel und Erde in der Anbetung vereint.
Mehrfache Rebellion der Engel
Die Bibel berichtet uns, dass die Engel mehr als einmal gegen Gott rebellierten. Die erste und zugleich bedeutendste davon war die ursprüngliche Rebellion Luzifers (der ein Erzengel war), beschrieben in Jes 14,12-14:
„Wie bist du vom Himmel gefallen, du Glanzstern, Sohn der Morgenröte! (Wie bist du) zu Boden geschmettert, Überwältiger der Nationen! Und du, du sagtest in deinem Herzen: ‚Zum Himmel will ich aufsteigen, hoch über den Sternen Gottes meinen Thron aufrichten und mich niedersetzen auf den Versammlungsberg im äußersten Norden. Ich will hinaufsteigen auf Wolkenhöhen, dem Höchsten mich gleichmachen.‘“
In Offb 12,3-4 wird Satan als „ein großer, feuerroter Drache“ beschrieben, dessen „Schwanz den dritten Teil der Sterne des Himmels fortzieht“.
In seiner Position als Erzengel hatte Luzifer (der jetztige Satan) offenbar Autorität über ein Drittel der Engel im Himmel, die sich seiner Rebellion anschlossen und daher mit ihm gemeinsam aus dem Himmel verbannt wurden. Danach gründeten Satan und die Engel, die ihm gefolgt waren, ein rivalisierendes Königreich in der „Himmelswelt“ (Eph 6,12) – irgendwo zwischen dem „dritten Himmel“ (2. Kor 12,2-4), dem Aufenthaltsort Gottes, und dem Himmel, der von der Erde aus sichtbar ist. Obwohl Satan’s Schicksal bereits durch seine Niederlage am Kreuz unwiderruflich besiegelt war, wird das endgültige Gericht an ihm erst am Ende des Millenniums (der tausendjährigen Herrschaft Christi auf Erden) vollzogen werden. Zu diesem Zeitpunkt wird dann der Teufel gemeinsam mit dem Antichristen
„in den Feuer- und Schwefelsee geworfen ... und sie werden Tag und Nacht gepeinigt werden von Ewigkeit zu Ewigkeit.” (Offb 20,10)
Gefallene Engel vor der Sintflut
Über eine weitere Übertretung der Engel berichtet 1. Mose 6,1-2:
„Und es geschah, als die Menschen begannen, sich zu vermehren auf der Fläche des Erdbodens, und ihnen Töchter geboren wurden, da sahen die Söhne Gottes die Töchter der Menschen, wie schön sie waren, und sie nahmen sich von ihnen allen zu Frauen, welche sie wollten.“
Wer waren diese „Söhne Gottes“? Im Buch Hiob werden sie zweimal erwähnt. So heißt es in Hiob 1,6:
„Und es geschah eines Tages, da kamen die Söhne Gottes, um sich vor dem Herrn einzufinden. Und auch der Satan kam in ihrer Mitte.“
Und in Hiob 38,7 stellte Gott folgende Frage an Hiob:
„Wo warst du ..., als die Morgensterne miteinander jubelten und alle Söhne Gottes jauchzten?“
Die „Söhne Gottes“, von denen in diesen beiden Bibelstellen die Rede ist, waren offenbar „himmlische Wesen“ (Engel), da zu dem Zeitpunkt, als Gott die Erde schuf, mit Sicherheit keine Menschen anwesend waren.
Im Neuen Testament gibt es zwei Bibelstellen, die das Gericht Gottes über die Engel beschreiben, die – wie in 1. Mose 6,1-2 berichtet – mit menschlichen Frauen Sünde begingen. In Judas Vers 6 heißt es:
„Und Engel, die ihren Herrschaftsbereich nicht bewahrt, sondern ihre eigene Behausung [d. h., den Himmel] verlassen haben, hat er zum Gericht des großen Tages mit ewigen Fesseln unter Finsternis verwahrt.“
Es ist offensichtlich, dass es sich hierbei nicht um die Engel handelt, die an Satans ursprünglicher Rebellion teilgenommen hatten, da Satan und seine Engel ja zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingesperrt sind, sondern weiterhin frei und aktiv in der „Himmelswelt“ agieren. Die hier von Judas angeführte Sünde der Engel bestand vielmehr darin, dass sie den ihnen zugeteilten Aufenthaltsbereich im Himmel verlassen hatten und in den irdischen Bereich herabgestiegen waren, wo sie dann eine sexuelle Beziehung mit den Frauen der Menschen eingingen. In Vers 7 fährt Judas fort:
„... wie auch Sodom und Gomorra und die umliegenden Städte, die in gleicher Weise wie sie Unzucht trieben und hinter fremdem Fleisch herliefen, als ein Beispiel vorliegen, indem sie die Strafe des ewigen Feuers erleiden.“
Judas vergleicht die gefallenen Engel zu Noahs Zeiten mit den Menschen von Sodom und Gomorra, da sich beide Gruppen der gleichen Sünde der Unzucht und der sexuellen Perversion schuldig gemacht hatten.
Auch in 2. Petrus 2,4-6 bringt der Apostel die gefallenen Engel zu Noahs Zeiten mit den Menschen von Sodom und Gomorra in Verbindung:
„Denn wenn Gott Engel, die gesündigt hatten, nicht verschonte, sondern sie in finsteren Höhlen des Abgrundes gehalten und zur Aufbewahrung für das Gericht überliefert hat; und (wenn) er die alte Welt nicht verschonte, sondern (nur) Noah, den Prediger der Gerechtigkeit, als achten (neben sieben anderen) bewahrte, als er die Flut über die Welt der Gottlosen brachte; und (wenn) er die Städte Sodom und Gomorra einäscherte und zur Zerstörung verurteilte und denen ein Beispiel setzte, die künftig gottlos sein würden ...“
In beiden Fällen bestand ihre Sünde also in unnatürlichem Sex. Die Englische Übersetzung von Vers 4 benutzt hier den Ausdruck „in die Hölle werfen“, der auf das in der griechischen Ursprache des Neuen Testaments benutzte Wort tartarus zurückgeht – ein Ausdruck, der in der griechischen Literatur häufig gebraucht wird. Laut Definition bezeichnet Tartarus „einen Ort des Gewahrsams, der sich so tief unter dem Hades befindet, wie der Hades unter der Erde.“
Es ist wirklich erstaunlich, wie lange der Herr manche Sünden toleriert, aber es gibt gewisse Grenzen, über die Gott eifersüchtig wacht. Eine dieser Grenzen besteht in dem Verbot sexueller Perversion – sei es zwischen Engeln und Menschen, oder zwischen Menschen gleichen Geschlechts. Wenn diese Grenze einmal überschritten ist, lässt die Strafe Gottes in ihrer härtesten Form nicht lange auf sich warten. Zur Zeit Noahs bestand diese Strafe in der Sintflut, während sie im Falle Sodoms und Gomorras darin bestand, dass die gesamte Bevölkerung zweier Städte mit einem Schlag vernichtet wurde.
Helden der Antike – Gefallene Engel?
Die Bibel bringt klar zum Ausdruck, dass die Perversion sexueller Beziehungen zwischen Engeln und menschlichen Frauen mit der Zeit der Sintflut nicht endgültig aufhörte.
„In jenen Tagen waren die Riesen auf der Erde, und auch danach, als die Söhne Gottes zu den Töchtern der Menschen eingingen und sie ihnen (Kinder) gebaren. Das sind die Helden, die in der Vorzeit waren, die berühmten Männer.“ (1. Mose 6,4)
Das hebräische Wort nephilim ist eine direkte Ableitung des Verbs naphal, was „fallen“ bedeutet. Nephilim heißt also wörtlich Gefallene – d. h., gefallene Engel. Es gab Nephilim auf der Erde „in jenen Tagen“ (zur Zeit der Sintflut) – und auch danach (nach der Sintflut).
Die zu diesem späteren Zeitraum aus einer unnatürlichen sexuellen Beziehung entstandenen Wesen wurden Helden genannt. Die griechische Mythologie enthält zahlreiche Schilderungen über solche Helden – dem Produkt einer sexuellen Beziehung zwischen Wesen, die von den Griechen Götter genannt wurden, mit den Frauen der Menschen. Diese sog. Götter waren Wesen, die übernatürliche Macht besaßen und die von einer höheren Daseinsform abstammten – den in der Bibel erwähnten nephilim. In Wirklichkeit handelte es sich bei diesen Wesen jedoch um gefallene Engel.
Der Fürst von Tyrus und der König von Tyrus
Hes 28,1-19 vermittelt uns einige wichtige Einblicke in die Rebellion Luzifers und stellt uns zwei Personen vor – nämlich den Fürsten von Tyrus und den König von Tyrus.
Obwohl der Fürst von Tyrus offenbar von sich behauptete, dass er ein Gott sei, wird er in Jes 14,9 als ein Mensch beschrieben, der durch die Hand des einmarschierenden Feindes den Tod findet:
„Wirst du dann angesichts deiner Mörder auch noch sagen: Gott bin ich! während du [doch nur] ein Mensch bist und nicht Gott, in der Hand derer, die dich durchbohren?”
Der König von Tyrus dagegen ist eindeutig ein Engel, der ursprünglich einen Ehrenplatz im Himmel eingenommen hatte:
„... du warst in Eden, dem Garten Gottes; aus Edelsteinen jeder Art war deine Decke ... Du warst ein mit ausgebreiteten Flügeln schirmender Cherub, und ich hatte dich dazu gemacht; du warst auf Gottes heiligem Berg, mitten unter feurigen Steinen gingst du einher. Vollkommen warst du in deinen Wegen von dem Tag an, als du geschaffen wurdest, bis sich Unrecht in dir fand.“ (Verse 13-15)
Luzifer war eine strahlende Persönlichkeit, aber er war ein Geschöpf, das gegen seinen Schöpfer rebellierte.
„Durch die Menge deines Handels fülltest du dein Inneres mit Gewalttat und sündigtest.“ (Vers 16)
Das in 3. Mose 19,16a als Verleumder übersetzte Wort stammt von der gleichen Wurzel wie das obige Wort Handel und bezeichnet jemanden, der von einer Person zur anderen geht und Gerüchte verbreitet. Dieses Wort weist also darauf hin, dass Luzifer unter den ihm unterstellten Engeln umherging, um die Loyalität zu untergraben, die sie für Gott empfanden, und sie zu überreden, sich seiner Rebellion gegen Gott anzuschließen. Vielleicht machte er Bemerkungen wie z. B. „Gott weiß dich nicht wirklich zu schätzen. Wenn ich an Gottes Stelle wäre, würde ich dir eine viel höhere Position geben.“
Gott – vor dem kein Geschöpf unsichtbar ist (s. Hebr 4,13) – wusste zweifellos von Luzifers Aktivitäten, gab ihm jedoch Zeit, seine Pläne für die Rebellion zu beenden, ehe Er gegen ihn vorging.
„Dein Herz wollte hoch hinaus wegen deiner Schönheit, du hast deine Weisheit zunichte gemacht um deines Glanzes willen.“ (Vers 17)
Die außergewöhnliche Weisheit Luzifers sowie seine Schönheit füllten sein Herz mit Stolz und führten schließlich zu seinem Sturz.
Jes 14,13-14 bringt ebenfalls zum Ausdruck, dass dies Luzifers Motiv war.
„Und du, du sagtest in deinem Herzen: Zum Himmel will ich hinaufsteigen, hoch über den Sternen meinen Thron aufrichten ... Ich will hinaufsteigen auf Wolkenhöhen, dem Höchsten mich gleichmachen.“
Wir alle müssen uns immer wieder vor Augen führen, dass der Grund für Luzifers Fall sein Stolz war. Stolz ist auch die Haupttriebfeder, die Satan benutzt, um die Menschen zur Sünde zu verführen – Stolz hat mehr Männer und Frauen zu Fall gebracht, als alle anderen Sünden zusammengenommen.
Die Beziehung zwischen dem Fürsten von Tyrus (einem Menschen) und dem König von Tyrus (einem Engel) veranschaulicht die Art und Weise, auf die satanische Engel in der Himmelswelt im Lauf der Geschichte in irdische Geschehnisse eingriffen, indem sie menschliche Herrscher unter ihre Kontrolle brachten.
Ihre Beziehung zueinander dient auch als Vorausschau auf die Beziehung, die sich später zwischen Satan und dem Antichristen entwickeln wird, wobei Satan den Antichrist benutzen wird, um die Anbetung der gesamten Welt für sich zu gewinnen.
„Und sie (die ganze Welt) beteten den Drachen (Satan) an ... und sie beteten das Tier an (den Antichristen) ...“ (Offb 13,4)
Da Anbetung immer und ausschließlich Gott allein zusteht, wird Satan einen letzten Versuch starten, durch diese auf ihn gerichtete Anbetung der ganzen Welt sein ursprüngliches Ziel – also das Ziel, Gott gleichgestellt zu sein – letztlich doch noch zu erreichen.
Ich persönlich bin der Ansicht, dass die göttliche Person, deren Position Satan einnehmen wollte, nicht Gott, der Vater, sondern Gott, der Sohn war (der später in der menschlichen Geschichte als Jesus von Nazareth offenbart wurde). Der Konflikt zwischen Jesus und Satan erreichte seinen Höhepunkt am Kreuz, wo es den Anschein hatte, Satan hätte Jesus besiegt. In Wirklichkeit beraubte Jesus jedoch Satan all seiner Waffen und errang einen vollständigen Sieg über ihn. Durch das Kreuz hat er
„die Gewalten und die Mächte völlig entwaffnet und sie öffentlich zur Schau gestellt. In ihm (dem Kreuz) hat er den Triumph über sie gehalten“ (Kol 2,15).