Gestern haben wir gesehen, wie Gottes Wort ein Spiegel ist, der uns unser Inneres zeigt. Jemand hat dies mit den Worten zusammengefasst: „Denke daran, während du deine Bibel liest, liest deine Bibel auch dich.“
Ich kann mich noch heute, nach vielen Jahren, daran erinnern, wie lebhaft sich das in meiner eigenen Erfahrung bestätigt hat. Zunächst begann ich als Skeptiker und Ungläubiger – mit dem Hintergrund eines Studenten und Lehrers der Philosophie – die Bibel zu studieren. Ich betrachtete sie nur als eines von vielen Philosophiesystemen in der Welt. Als ich sie jedoch weiter studierte, wurde mir, sogar gegen meinen eigenen Willen, bewusst, dass in mir gewisse seltsame und tiefsitzende Veränderungen stattfanden. Meine Haltung der intellektuellen Überlegenheit, mein Selbstvertrauen und mein Selbstzufriedenheitsgefühl begannen zu bröckeln.
Ich hatte die Haltung des altgriechischen Philosophen angenommen, der sagte: „Der Mensch ist das Maß aller Dinge“. Ich hatte angenommen, dass ich durch meine eigenen intellektuellen und kritischen Fähigkeiten in der Lage sei, jedes Buch oder System der Weisheit zu messen, das ich studieren wollte. Aber nun wurde mir zu meiner eigenen Überraschung beim Studium der Bibel, obwohl ich sie nicht ganz verstehen konnte, bewusst, dass ich an einem Standard gemessen wurde, der weder mein eigener noch der eines anderen Menschen war. Wie bei Belsazar in der Stunde seines Festes schienen sich vor meinen unwilligen Augen die Worte abzuzeichnen: „Du wurdest auf der Waage gemessen und für unzulänglich befunden“.
Ohne eine besondere Veränderung der äußeren Umstände wurde ich innerlich unruhig und unzufrieden. Vergnügungen und Aktivitäten, die mich zuvor angezogen und beschäftigt hatten, verloren ihre Macht, mich abzulenken oder zu unterhalten. Ich wurde mir zunehmend eines tiefen Bedürfnisses in meinem eigenen Wesen bewusst, das ich weder definieren noch befriedigen konnte. Ich verstand es nicht ganz, aber durch den Spiegel Seines Wortes zeigte Gott mir die Wahrheit über mein eigenes inneres Bedürfnis und meine innere Leere.
Nach einigen Monaten veranlasste mich diese Offenbarung meiner Not, selbst in meiner geistlichen Unwissenheit und Blindheit, Gott in Demut und Aufrichtigkeit zu suchen. Nachdem ich Ihn auf diese Weise gefunden hatte, entdeckte ich, dass Er, der mir mein Bedürfnis auf diese Weise durch Sein geschriebenes Wort offenbart hatte, auch in der Lage war, es durch die Person Seines lebendigen Wortes, Jesus Christus, vollständig zu stillen.
Ja, die Bibel ist ein Spiegel der Seele. Aber bei ihr, wie auch bei ihren anderen Funktionen, hängt das Ergebnis, das sie in uns hervorbringt, weitgehend von unserer Reaktion auf sie ab.
In der natürlichen Ordnung, wenn wir in einen Spiegel schauen, tun wir das normalerweise mit der Absicht, auf alles zu reagieren, was uns der Spiegel offenbaren könnte. Wenn wir sehen, dass unser Haar unordentlich ist, bürsten wir es; wenn wir sehen, dass unser Gesicht schmutzig ist, waschen wir es; wenn unsere Kleidung in Unordnung ist, richten wir sie; wenn wir Anzeichen für eine Infektion sehen, konsultieren wir den Arzt für eine geeignete Behandlung.
Um den Nutzen des Spiegels des Wortes Gottes zu erhalten, müssen wir auf ähnliche Weise handeln. Wenn der Spiegel einen Zustand geistlicher Unreinheit offenbart, müssen wir unverzüglich die Reinigung suchen, die durch das Blut Christi zu uns kommt. Wenn der Spiegel eine geistliche Infektion offenbart, müssen wir den Arzt unserer Seelen konsultieren, den Einen, „der dir alle deine Sünden vergibt und heilt alle deine Gebrechen“ (Ps 103,3).
Nur wenn wir praktisch und unverzüglich nach dem handeln, was der Spiegel des Wortes Gottes uns offenbart, können wir die Vergebung, Reinigung und Heilung und all die anderen Segnungen empfangen, die Gott für uns bereitgestellt hat.
GEBET
Ich danke Dir, Jesus,
für den Spiegel Deines Wortes, der mir zeigt, wo in meinem Leben und in meiner Hingabe an Dich noch Anpassungen vorzunehmen sind. Und danke Dir, dass Dein lebendiges Wort mich ständig von aller Ungerechtigkeit reinigt. Danke, Herr Jesus, dass Du Dich auch als das lebendige Wort offenbart hast, damit ich Dir, dem Wort, in den Spiegel blicken kann. Ich preise Dich für Deinen Geist, der mich führt und mich in Dein Ebenbild verwandelt.
Amen!