Ausharren durch Ausrichtung auf das Ziel



In meinem letzten Lehrbrief "Charakter, der der Prüfung standhält" haben wir begonnen, das Wesen des Ausharrens zu ergründen. Wir haben bei Paulus (im Römerbrief) und bei Jakobus gesehen, dass Ausharren in Prüfung den Charakter formt. Wenn Sie in der Prüfung durchhalten, wird es jeden Bereich Ihres Charakters und Ihrer Persönlichkeit aufbauen. Es macht Sie zu einem ganzen, abgerundeten Christen. Es wird – wenn überhaupt – nur ganz wenige Bereiche Ihres Charakters geben, die nicht angesprochen worden sind.

Ich habe auch herausgestrichen, dass die meisten charakterformenden Prüfungen im Zusammenhang mit einer tiefen, verbindlichen Gemeinschaft kommen. Falls Sie nicht nahe oder vertraut genug mit Leuten sind, können Sie die Macken in Ihrem Charakter verbergen. Aber wenn Sie in einer regelmäßigen, vertrauten, nahen, verletzlichen Gemeinschaft stehen, sind Sie herausgefordert, sich entweder zurückzuziehen oder sich dem zu stellen, wo Gott Sie hindurch führen will. Ich glaube, es gibt keinen besseren Test unseres christlichen Charakters als enge Gemeinschaft.

In diesem Lehrbrief wollen wir mit einer Schriftstelle beginnen, die sich auf den Dienst bezieht:

"Die Zeichen des Apostels sind ja unter euch vollbracht worden in allem Ausharren, in Zeichen und Wundern und Machttaten." 2.Kor.12,12

Wie Paulus sagt, liegt der erste Beweis eines apostolischen Dienstes nicht in Zeichen und Wundern, sondern im Ausharren. Der wahre Apostel ist der, der dran bleibt, wenn alle andern aufgeben. Die Gruppe, die Paulus unterstützte, war am Abnehmen, als er den zweiten Brief an Timotheus schrieb. Es war Paulus’ letzter Brief, vermutlich ganz kurz vor seiner Hinrichtung   durch einen römischen Scharfrichter.

"Beeile dich, bald zu mir zu kommen. Denn Demas hat mich verlassen, da er den jetzigen Zeitlauf liebgewonnen hat, und ist nach Thessalonich gegangen, Kreszens nach Galatien, Titus nach Dalmatien. Lukas allein ist bei mir. Nimm Markus und bringe ihn mit dir! Denn er ist mir nützlich zum Dienst." 2.Tim.4,9-11

Gleich am Ende verließen ihn seine Mitarbeiter im Gefängnis. Was fehlte ihnen? Ausharren. Was zeichnete den Apostel aus? Ausharren. Das kommt vor den Wundern. Manche Leute haben Wunder, aber kein Durchhaltevermögen.

Nicht "falls", sondern "wenn"

Was ist die Art der Prüfungen, durch die wir gehen müssen? In Matth. 12 erzählt Jesus das bekannte Gleichnis vom Sämann. Er spricht von den verschiedenen Böden, von denen jeder einen anderen Typ von Mensch repräsentiert, der das Wort Gottes hört. Ein Teil des Samens fiel auf den Weg und gelangte nie in die Erde: Er wurde von den Vögeln gefressen. Ein anderer Teil fiel auf steinigen Boden. Ein weiterer Teil fiel unter die Dornen. Dann fährt er fort, die Menschen zu beschreiben, die durch die Arten von Böden dargestellt werden. Darin steckt nichts tiefgründiges, es ist ganz einfach:

„Sooft jemand das Wort von dem Reich hört und nicht versteht, kommt der Böse und reißt hinweg, was in sein Herz gesät war; dieser ist es, bei dem an den Weg gesät ist. Bei dem aber auf das Steinige gesät ist, der das Wort hört und es sogleich mit Freuden aufnimmt; er hat aber keine Wurzel in sich, sondern ist nur <ein Mensch> des Augenblicks; und wenn Bedrängnis entsteht oder Verfolgung um des Wortes willen, nimmt er sogleich Anstoß.“ Mt. 13, 19-21

Beachten Sie das kleine Wort «wenn». Jesus sagte nicht «falls sich Bedrängnis und Verfolgung erhebt» – er sagte «wenn sich Bedrängnis und Verfolgung erhebt». Sie wird sich erheben.

„Bei dem aber unter die Dornen gesät ist, dieser ist es, der das Wort hört, und die Sorge der Zeit und der Betrug des Reichtums ersticken das Wort, und er bringt keine Frucht." (Vers 22)

Einfach gesagt gibt es zwei Arten von Prüfungen: wenn es zu schwer ist und wenn es zu leicht geht. Das erste ist Verfolgung, das zweite Reichtum. Manche Leute ertragen die Verfolgung nicht. Manche ertragen den Wohlstand nicht. Wir müssen in beiden Prüfungen bestehen können.

Es gibt Leute, die durchhalten, wenn sie verfolgt werden. Aber wenn Gott sie segnet – ein schönes Heim, zwei Autos, vielleicht ein Boot – dann dreht sich ihr Leben mehr um die Dinge der Welt als um das Reich Gottes.

Es gibt andere, die das Wort mit Freude empfangen. Sie sind erstaunlich. Sie erscheinen am ersten Abend, nachdem sie gerettet wurden, geben ihr Zeugnis, werden im Heiligen Geist getauft, sprechen in Zungen und weissagen. Sie sind Feuer und Flamme, wie man sagt. Aber nach drei Monaten weiß man nicht, wo sie sind. Denn in dem Moment, wo Widerstand und Schwierigkeiten gekommen sind, sind sie schlaff geworden wie eine welke Pflanze. Sie haben keine Wurzel. Ich habe fast Angst, wenn ein neuer Christ zu schnell startet. Ich möchte lieber sehen, dass jemand am Anfang ein paar Kämpfe hat.

Als ich in London als Pastor arbeitete, war es ein Sieg, wenn jemand mit dem Heiligen Geist getauft wurde. Und ich beobachtete, dass auf zehn Personen, die im Heiligen Geist getauft wurden, eine standhaft blieb und die restlichen abfielen. Die Opposition war groß in jenen Tagen. Auf die Leute, die kämpfen mussten, konnte man sich verlassen. Jene, die sich jeden Fußbreit ihres Weges erkämpfen mussten, bestanden den Test und stehen noch heute. Seien Sie sich bewusst, Sie werden durch Trübsal und durch Erfolg geprüft werden. In beidem werden Sie bestehen müssen.

Stark anfangen

Hier sind zwei Vorschläge aus der Bibel, wie wir zu Beharrlichkeit kommen können. Das erste ist eine Hingabe an Jesus Christus von ganzem Herzen ohne Vorbehalte. Denken Sie an die Worte von Barnabas an eine Gruppe neuer Christen in der Stadt Antiochia in Syrien:

„der freute sich, als er hingekommen war und die Gnade Gottes sah, und ermahnte alle, mit Herzensentschluss bei dem Herrn zu verharren.“ Apg. 11, 23

«Mit Herzensentschluss» ist der Schlüssel. Sie entschließen sich, unbekümmert beim Herrn zu bleiben – egal, wer es sonst noch tut oder nicht. Falls es Ihre Freunde nicht tun, Sie tun es. Falls es Ihre Familie nicht tut, Sie tun es trotzdem. Das ist ein Herzensentschluss. Sie werden mit Gott weiter gehen.

In Apostelgeschichte 14,22 finden wir Barnabas und Paulus, wie sie neue Christen in einem anderen Antiochia ermahnen; nämlich Antiochia in Pisidien, einer anderen Stadt mit dem selben Namen.

"Sie stärkten die Seelen der Jünger und ermahnten sie, im Glauben zu verharren, und <sagten>, dass wir durch viele Bedrängnisse in das Reich Gottes hineingehen müssen."

Es ist schwierig, einen anderen Weg ins Reich Gottes zu finden als durch Bedrängnis. Wir erinnern uns, wie das Wort das Reich Gottes mit zwei Bedeutungen darstellt: das zukünftige Reich (das Jesus aufrichten wird) und das Reich, in das wir jetzt eintreten. Wir leben jetzt schon in Seinem Reich – aber nur durch viel Bedrängnis gelangen wir zu einem vollen Leben im Reich. Sie werden wohl in jedem Bereich Ihres Lebens Druck ausgesetzt sein. Sie mögen sich fragen, «warum geschieht mir das?» Die Antwort ist: weil Gott Sie für Sein Reich vorbereitet.

Manchmal denke ich, wir schulden den Leuten, wenn sie zum Herrn kommen, eine Warnung, dass sie nur durch Trübsal und Verfolgung ins Reich Gottes einziehen werden. Ich glaube, es ist unfair, den Neubekehrten zu erzählen, alle ihre Probleme würden gelöst, weil es nur ganz selten – wenn überhaupt – so funktioniert. Tatsächlich werden Sie oft Probleme haben, von deren Existenz Sie früher nichts ahnten.

Das zweite Prinzip des Ausharrens kommt aus einer meiner Lieblings-Bibelstellen: Hebräer 11,27. Mose wuchs in Ägypten auf und war dafür bestimmt, den Thron zu erben als Sohn der Tochter des Pharaos. Er hatte alles, was die Welt anbieten konnte: Bildung, Reichtum, sozialen Status und Privilegien. Im Alter von vierzig Jahren kehrte er ihm den Rücken zu, floh aus Ägypten und brachte die nächsten vierzig Jahre damit zu, ein paar Schafe in einem entlegenen Winkel der Wüste zu hüten. Was für ein Test für den Charakter!

„Durch Glauben verließ er Ägypten und fürchtete die Wut des Königs nicht; denn er hielt standhaft aus, als sähe er den Unsichtbaren.“ Hebr. 11,27

In diesem einen kurzen Vers entdecken wir den Kern des Ausharrens: Ihn, den Unsichtbaren sehen. Wie sieht man das Unsichtbare? Welche Fähigkeit ermöglicht uns, es zu sehen? Die Antwort ist: Glaube. Glaube hat eine Beziehung zum Unsichtbaren. Glaube ist eine feste Überzeugung von Dingen, die man nicht sieht. Wenn Sie und ich durchhalten wollen, muss uns die unsichtbare Welt realer sein als die sichtbare.

Mein nächster Lehrbrief wird das Studium des Ausharrens vervollständigen. Wir wollen bis dahin unsere Betrachtung mit einem Blick auf 2. Korinther abschließen:

„Der Herr aber ist der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, ist Freiheit. Wir alle aber schauen mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn an und werden <so> verwandelt in dasselbe Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, wie <es> vom Herrn, dem Geist, <geschieht>." 2. Kor.3,17-18

Indem er in den letzten zwei Versen des folgenden Kapitels zum selben Thema zurückkehrt, schreibt Paulus: «denn unsre Trübsal, die zeitlich und leicht ist ...» Wenn man bedenkt, was Paulus durch machte, sollten uns diese Worte zum Innehalten bringen, bevor wir über unsere Leiden klagen. Er wurde viermal ausgepeitscht, einmal gesteinigt, erlitt zweimal Schiffbruch, wurde dem Tod überlassen. Er ertrug Hunger, Durst, Nacktheit, Gefahr und sagt:

„Denn das schnell vorübergehende Leichte unserer Bedrängnis bewirkt uns ein über die Maßen überreiches, ewiges Gewicht von Herrlichkeit, da wir nicht das Sichtbare anschauen, sondern das Unsichtbare; denn das Sichtbare ist zeitlich, das Unsichtbare aber ewig.“ 2.Kor.4,17-18

Der «Spiegel» in Kapitel 3 ist das Wort Gottes. Die Bibel sagt, dass, während wir in den Spiegel schauen, uns der Heilige Geist die Herrlichkeit Gottes zeigt, und wir in Sein Bild verwandelt werden. Sie sehen das Unsichtbare im Spiegel des Wortes Gottes. Gottes Wort ist ein Spiegel, der das Unsichtbare zeigt. Je mehr Sie hinein schauen, umso wirkungsvoller kann der Heilige Geist an Ihnen arbeiten, um die Herrlichkeit Gottes zu offenbaren und Sie ins Bild dessen umgestalten, was Sie sehen.

Im Dienste des Meisters,
Derek Prince